Ich bin am entrümpeln, sortieren, aufräumen, und meinen Arbeitsplatz am einrichten. Ein Beitrag auf Mastodon, in dem gefragt wurde, was unsere Strategien zum langfristigen Halten von Ordnung ist, hat mich angeregt, die vier Punkte, die ich in meiner Antwort gegeben habe, etwas auszuführen.
Für mich selber, und für alle, die gerade auf einem ähnlichen Weg von unkreativem Chaos zu kreativer Ordnung sind.
Wir sind alle verschieden. Diese Methoden funktionieren im Moment für mich. Das heisst nicht, dass es für dich genauso und ohne Anpassung funktioniert. Falls ja – super, falls nein gibt es für Dich ganz bestimmt andere Ansätze.
Vorsituation
Ich habe Material, Werkzeug, Haushalt, und viele Ideen. Eine dieser Ideen war, dass ich mir einen Arbeitsplatz einrichtete, den ich vielleicht zwei Wochen lang benutzte, der dann aber zugemüllt wurde. Von mir. Mit Dingen, die keinen Platz hatten.
Dieses Verhalten war für mich der beste Treibstoff für einen unglaublichen Selbsthass. Warum schaffe ich es nicht, diesem Geschenk, das ich an mich selber machte Sorge zu tragen. Ich verstand dabei nicht, dass ich einfach nicht, dass es so nicht funktionieren konnte. Dass es nicht an meinem Willen, oder meiner Einstellung lag, sondern am fehlen von Methode. Ich hatte zwar flylady und Marie Kondo gelesen und teils verstanden. Und dennoch haben mir ein Paar wichtige Puzzleteile gefehlt. Es hat ein wenig gebraucht, dass nicht ich das Puzzleteil bin, sondern dass mir das Rüstzeug fehlte. Grundsätzlich gibt es für mich 4 ganz grosse Punkte mit denen Ordnung steht oder fällt.
1. Gerümpel kann man nicht aufräumen
Beim Ordnen habe ich festgestellt, dass ich da schon gar nicht schlecht bin. Viel Gerümpel hatte ich eigentlich nicht mehr. Weil ich immer wieder ausgemistet habe.
Ausmisten ist immer der erste Schritt. Jeden Gegenstand in die Hand nehmen, und die Frage stellen, ob es Freude bringt.
Natürlich ist es nicht nur Freude. Es gibt Dinge, die wir benutzen, alltäglich, die es in schöner, hübscher, neuer, besser gibt. Die noch ihren Dienst tun, und die wir so lange in Betrieb behalten. Ich liebäugle schon lange mit einem Ashford oder Brother Kardiergerät. Aber solange mein Louët noch so schön und einwandfrei läuft, und das Ding sich nicht selber bezahlt, weil ich es zum arbeiten benutze… Solange bleibt es und wird wertgeschätzt und benutzt.
Dinge, die über Jahre nicht benutzt werden sind ein anderes Thema. Wie wahrscheinlich ist es, dass ich sie jemals benutzen werde? Wie schwierig oder teuer ist es, sie neu zu beschaffen? Wie viel Platz braucht es? Wir haben Kelterzubehör, das im hinteren Teil des Kellers ziemlich viel Platz benötigt. Filter, Fässer… Das ist nicht etwas, das ich brauche. Es ist einfacher, den Traubensaft pasteuerisieren zu lassen, als selber Wein zu machen. Das ist Platz, der frei werden darf. Und das sind Dinge, die auch Last von den Schultern nehmen. Egal wie gut man dieses Weinzeug verräumt, es nimmt immer Platz weg, es ist immer irgendwie im Weg, weil wir es nicht nutzen.
Entrümpeln ist ein Prozess, der ein Leben lang andauert. Mir scheint es ein guter Ansatz, die Dinge in Bewegung zu halten, dass sich keine Divertikel bilden, in denen Jahrelang Zeug einfach rumgammelt. Was für mich heute Behaltenswert erscheint, ist vielleicht in zwei Jahren obsolet.
Ein anderer Punkt für mich sind Reinigungsmittel. Ich habe zwei Schränke voll Putzmittel, das ich nie brauche. Eigentlich brauche ich nur dreierlei Reiniger. Fensterputzmittel für Oberflächen und Fenster. Saure Reiniger für Sanitärzeug. Allzweckreiniger für alles andere. Den verschimmelten Putzstein habe ich entsorgt. Aber die ganzen Parkett und Laminatmittel, Sprühstärke und Frostschutzmittel… Wenn ich so darüber nachdenke, kann das gespendet werden. Ich muss nicht 2 Regale mit Reinigern beherbergen, die ich nicht brauche.
2. Alles muss einen festen Platz haben
Ich habe damit begonnen, mein Material thematisch zu
Viele von uns haben in Anflügen von Aufräumen schon einiges an Boxen und Behältern gekauft. Die Einkaufshäuser bieten diese immer wieder günstig an. Die Lösung zu mehr Ordnung besteht nicht darin, jetzt aufs Geratewohl noch mehr Boxen zu kaufen!
Was habe ich, was gehört zusammen. Sortieren, zueinanderlegen, überlegen wieviel Platz was braucht. Gibt es Dinge, die zueinanderpassen – wie die drei Häkelnadeln zu den 100 Stricknadeln.
Die nächste Frage ist: wie schnell muss etwas zur Hand sein. Werkzeug, das ich brauche um den Webrahmen einzurichten oder meine Dinge für den geplanten Spinnradbau, sind im Moment weniger auf Abruf, als zum Beispiel Werkzeug, das ich an der Kardiermaschine brauche. Das erste kann in eine Kiste in ein Regal, das zweite will ich Griffbereit haben. In letzter Zeit habe ich einige Videos zum Thema „Craft Room Organization“ geschaut und da stiess ich auf eine Aufteilung des vorhandenen Platzes in Zonen.
Zonenplan 0-4
Zone 0: Arbeitsplatz. Dieser bleibt frei und ist keine Ablage.
Zone 1-4: 1 ist im Sitzen erreichbar, 4 ist aufstehen und den Arbeitsplatz verlassen.
Jeder Versuch Ordnung nicht nur herzustellen, sondern zu halten, ist zum Scheitern verurteilt, wenn Dinge nicht sinnvoll versorgt werden. Wenn man für Dinge, die man immer und ständig braucht aufstehen muss, um sie zu versorgen, werden sie nicht versorgt, sondern müllen den Arbeitsplatz zu. Wenn Dinge, die man selten braucht mitten am Arbeitsplatz stehen, nehmen sie wertvollen Platz weg, für Dinge, die man griffbereit haben möchte. Es hilft, dabei an Raumplanung zu denken. Grundstücke an bester Lage sind teuer, weil sie gut erschlossen sind. Diese gut erschlossenen Grundstücke können wir zu unserem Nutzen so behandeln, dass wir da Dinge griffbereit haben.
3. Dinge, die einen festen Platz haben, immer an ihren Platz räumen
Dabei ist es wieder wichtig, diesen Platz zu definieren. Kisten zu beschriften. Das hilft ungemein dabei, diszipliniert zu bleiben.
Wenn auf der Kiste steht „Briefumschläge“, schmeissen wir da nicht einfach Notizpapier dazu. Wenn wir das Notizpapier in der Hand halten und nicht wissen, wohin es gehört, ist die Frage: hat es einen festen Platz? Wenn nein: braucht es einen festen Platz. Wenn es einen festen Platz hat, und wir es nicht an den festen Platz räumen, sondern zu den Umschlägen werfen wollen, ist der feste Platz wohl nicht unbedingt optimal gewählt.
Mit der Beschrifterei war es für uns echt ein Weg. Begonnen haben wir mit Edding auf Panzerband. Das erste Upgrade in Richtung „es schreit nicht Chaos“ waren am Computer gedruckte Etiketten. Das hatte zwei Nachteile. Man muss an den Computer, die passende Etikettenvorlage suchen. Dann muss man bei angebrochenen Bögen schauen, ab wo man die neuen Etiketten auf der Vorlage schreiben kann. Man muss wissen, was es zu etikettieren gibt. Das hat halbwegs funktioniert. Ein weiterer Punkt: die ablösbaren Etiketten kleben nicht gut auf den Kunststoffboxen. Die nicht ablösbaren sind auf immer und Ewig mit dem Plastik verbunden.
Wirklich weiter gebracht hat uns ein separates Beschriftungsgerät. Wenn ich Material sortiere und aufräume, kann ich direkt die benötigten Etiketten vor Ort drucken und aufkleben. Wenn die Kiste im Regal ist, ist sie beschriftet. Das gibt viel Frieden.
4. Nach jedem Arbeitsschritt aufräumen
Dieser Punkt ist für mich der schwiergiste. Ich kann gut an Dingen, die herumliegen vorbeigehen. Mein Hirn ist total gut darin, ein Paar Finken, die im Flur liegen, zu ignorieren. Ich denke auch oft, ich räume das dann noch schnell auf, vor ich das Haus verlasse. Die schlechte Nachricht: das funktioniert nicht. Es bringt Stress. Zu akzeptieren, dass Aufräumen halt einfach einen grossen Teil unseres Lebens ausmacht, ist wohl Schlüssel zum Erfolg. Wir haben nun mal enorm viel Zeug. Und wir haben keine Leute, die das Zeug für uns organisieren und aufräumen.
Es ist wirklich eine Lebenseinstellung. Wenn ich am kochen bin und fertig Karotten geschält habe, räume ich Schäler und Schalen weg. Wenn ich die Zwiebeln geschnitten habe, räume ich die Abfälle weg. Wenn ich fertig geschnippelt habe, spüle ich das Brett und die Messer, versorge es und wische den Arbeitsbereich ab. Ach ja, die benutzten Gläser, die sich da angesammelt haben, können auch gleich weg.
Nach jedem kleinen Arbeitschritt aufräumen. Dieses kurze innehalten mit der Frage:“bin ich fertig, was kann ich wegräumen?“ erspart mir die grossen Eskalationen, mit visuell sehr lautem Chaos, das mich dann so sehr überfordert, dass ich am liebsten einfach den Raum verlassen würde und dem Desaster den Rücken kehren.
Und wenn es trotzdem wieder mal passiert ist?
Es ist kein Weltuntergang. Im kreativen Prozess – egal ob das beim werken oder in der Küche ist, fliegen manchmal die Fetzen. Mittlerweilen weiss ich, mit etwas Ausdauer ist das wieder kleinzukriegen. Und je besser die obengenannten vier Punkte im Alltag umgesetzt sind, umso einfacher ist es. Wir haben ein Bild, wie es wieder aussehen soll, und wir haben einen Platz für alles was da nicht hingehört.
Für mich persönlich ist die Herausforderung, dass ich mich nicht zu lange auf so etwas monotones wie Aufräumen konzentierer kann. Es passiert mir schnell, dass ich Dinge übersehe oder hin- und herräume.
Am einfachsten ist für mich, wenn ich verschiedene Strategien kombiniere.
Was gehört hier nicht hin?
Den Blick schweifen lassen und das erste Ding, das hier nicht hingehört versorgen. Ding um Ding so weitermachen, bis ich nichts mehr finde. Abfall in den Abfall, Recycling zu Recycling, versorgen, was einen Platz hat. Wenn ich nicht mehr weiterkomme kurz den Raum verlassen und beim nächsten betreten wieder so weiter machen.
In der Küche hat sich für mich bewährt, zur Spüle hin zu arbeiten. Als erstes räume ich Esstisch und den Platz neben dem Kühlschrank frei. Das geht meist relativ schnell, weil dieser Platz meist nur als Ablage dient. Jede Fläche die frei wird, wird mit dem feuchten Lappen abgewischt.
Was zu spülen ist, kommt neben die Spüle oder direkt in die Abwaschmaschine. Wenn in der Abwaschmaschine kein Platz ist: Marschhalt und Abwaschmaschine ausräumen und alles versorgen.
Nun kommt alles in die Abwaschmaschine, was da rein kann. Jetzt ist wohl wieder etwas Platz frei bei der Spüle. Alles Material rückt nach, freigewordene Flächen werden kurz mit dem feuchten Lappen abgewischt.
Alles was nicht in die Spüle darf, wird von Hand gespült, abgetrocknet und versorgt. Alles was verkrustet ist, wird eingeweicht und steht neben der Spüle, bis es dann gespült werden kann.
Nun kann, wenn nötig der Bereich um Herd und Spüle geputzt und getrocknet werden und aus todo wurde tada. Und das was eingeweicht ist, ist dann meist auch schnell noch erledigt, wenn der Rest der Küche ok ist.
Mit anderen Bereichen ist es ähnlich. Alles was direkt versorgt werden kann, wird direkt versorgt. Alles was geputzt werden muss, wird zusammengestellt und geputzt, getrocknet und versorgt.
Für mich zentral ist die Frage: Was gehört nicht hierhin.
Und nochmal: es ist kein Weltuntergang. Viele von uns haben einfach nie gelernt, wie wir Ordnung herstellen und halten können. Die meisten können Strategien lernen, wie sie ein für sich selber lebbares Mass an Ordnung herstellen und halten können. Und das ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen funktioniert. Das Chaos hatte auch Jahre Zeit sich zu entwickeln.
Ein Link – noch mehr Gedanken zum Thema Struktur und Ordnung
Dancer on Sand, der ich auf Mastodon folge, hat übrigens auch zum Thema Ordnung gebloggt. Ihren Artikel, der auf die Unterschiede von Struktur und Ordnung eingeht, finde ich interessant. Hier der LInk.

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