Aus selbst gesponnener Alpakawolle und recycelter Sari Seide gestrickter Half Pi Shawl nach Elizabeth Zimmerman.
Ein Projekt, das sozusagen in Mäandern entstanden ist. Ihr merkt schon, das ist nichts, was einfach so „von der Nadel gehüpft“ ist. Experimentieren, nachdenken, recherchieren, spinnen, stricken, ribbeln und am Ende Grosse Freude. Eine Arbeit ganz nach meinem Geschmack also.
Das Tuch nahm seinen Anfang auf einer Weide
Begonnen hat das Ganze, als wir Zaunrollen abholten, die zu verschenken waren. Als ich hörte, dass bei Katharina Alpacas leben, wurde ich hellhörig und nach der nächsten Schur packte sie zwei Vliese ein und schickte sie mir. Ein braunes und ein silberfarbenes. Als ich das Paket öffnete, glaubte ich zu träumen. Was für eine Faser… Wie kostbar und fluffig und weich und leicht und… Hach… Ihr kennt das. Gross, die Angst das kostbare Gut kaputt zu machen. Es soll ein Tuch werden für die Mama meines Mannes, das wusste ich.
Was nun?
Zuerst wollte ich den Traum in silber kämmen und im kurzen Auszug zu verspinnen. Experimente gaben ein enorm seidiges Garn mit genialem Fall. Aber mit meinen selbstgebastelten Kämmen ging das überhaupt nicht effizient mit der Kämmerei. Die Werkzeuge sind viel zu grob für das feine Material. Ich probierte und experimentierte ein wenig herum und recherchierte auch. Auf youtube stiess ich dann auf Sharon Trees Video “ Spinning alpaca with no picking carding or combing“ https://youtu.be/eMsFW5kMdik. Das hat mich in der Idee bestärkt, das naturbelassene und ungewaschene Vlies ohne grosse Vorbehandlung zu verspinnen.
Spinnen und fixieren
Entgegen meiner ersten Vorstellung verspann ich das Vlies im langen Auszug aus der Flocke. Eine gute Entscheidung. Es entstand ein angenehm weiches Single Garn, mit schönem Fall. Ein Genuss beim Spinnen, immer wieder war ich entzückt, wie das Garn sich fast selber auszog. Die verschiedenen Schattierungen von silber sind so auch erhalten geblieben. Es war bestimmt auch die effizienteste Variante die Rohwolle zu verarbeiten, da keine Zeit für Kardieren oder Kämmen aufgewendet wurde.
Nach dem Spinnen liess ich das Garn noch ein Paar Tage auf der Spule ruhen, bevor ich mit der Nachbehandlung begann. Chantimanous Worte im Kopf „Das Garn soll ja auch was aushalten“, filzte ich es in mehreren aufeinanderfolgenden kalt-heiss Wechselbädern mit etwas kneten und wringen an. Nach dem trocknen erstrahlte das Garn in fast bläulichem silber. Ich war baff. Ich war beim baden der Stränge schon verblüfft, wie dreckig das Wasser wurde, aber dass es nochmals einen solchen Unterschied in der Farbe geben würde, damit habe ich nicht gerechnet.
Silber allein ist etwas grau…
Weitere Mäander und entsprechende Stillstandzeiten oder Denkpausen legte ich ein, weil ich nicht wusste, wie ich das Tuch „aufbunten“ sollte… Zuerst hatte ich die Idee, recycelte Sariseide mit in das Garn reinzuspinnen. Beim Versuch war das extrem krampfig. Nichts, was ich machen wollte. Also spann ich ein separates Garn aus der Sari Seide.
Meine Idee, war ein Half Pi Shawl zu stricken, mit etwas bunt im Bereich der Schulter. Ich machte eine Maschenprobe um zu sehen, wie die beiden Garne miteinander funktionieren. Sie funktionieren gut, trotzdem liess ich mich verunsichern und kaufte ein Merinogarn mit Farbverlauf und verwendete dieses anstelle des selbstgesponnenen Garnes. Ja ich weiss…
Mit dieser Entscheidung war ich dann nicht lange zufrieden. Eigentlich von Anfang an nicht. Und – ich machte erstmal weiter. Was ich dann später bereuen sollte.
Operation Streifen ersetzen
Als ich schon fast fertig war mit dem Tuch überlegte ich, wie ich das grellbunte Merino durch mein eigenes, dezenteres Garn ersetzen könnte. Auf Anfrage in einer Facebookgruppe erhielt ich den Rat die Streifen durch Icords zu ersetzen. Dabei wäre der Streifen rauszuribbeln, von oben und unten das Alpakagestrick zu sichern, und dann jeweils die Maschen des Alpakas mit den äusseren beiden Maschen des Icords zusammenzustricken. Was für ein Aufwand. Nach der ersten und kürzesten Reihe beschloss ich, dass es andere Wege geben muss.
Es blieb beim ribbeln und sichern der Maschen auf beiden Seiten. Glatte Paketschnur ist ganz praktisch für so etwas. Ich fädelte die Schnur auf meine dickste Stopfnadel und fädelte vor dem Auftrennen die Maschen auf die Schnur. Danach strickte ich eine Hin- und Rückreihe in kraus rechts mit meiner Sari Seide an. Darauf strickte ich jeweils eine Masche der Sariseide mit dem Alpaka zusammen und kettete fortlaufend elastisch ab. Das gibt der ganzen Sache durch die quer liegenden Abkettmaschen sogar noch ein wenig Textur.
Der Abschluss
Nach der letzten Verdoppelung der Reihen arbeitete ich mit der Sari Seide noch einen geschwungenen Streifen ein. Mit verkürzten Reihen lässt sich sehr schön ein lanzettliches Muster einarbeiten. So entstand eine Art Rüsche am Rand. Um ein Einrollen des Randes zu verhindern, strickte ich Streifen mit linken und rechten Maschen. Das hat sehr gut funktioniert.
Das Tuch gefällt mir sehr, es ist warm und leicht – und ich hoffe, es gefällt der Person, der ich es schenke. Viele gute Gedanken und Wünsche sind hineingesponnen und gewirkt.
Noch ein Paar Aufnahmen des fertigen Tuches zum Schluss.
Die Anleitung für einen Half Pi Shawl nach Elizabeth Zimmermann
Als Vorlage für die Zunahmen und Reihenzahlen habe ich dieses Muster genommen: https://www.ravelry.com/patterns/library/ez-100th-anniversary-camping-half-circle
Ich habe einfach alles weggelassen, bis auf die Reihen wo mit Umschlägen zugenommen wird. Ansonsten ist mein Tuch glatt rechts gestrickt, mit drei Maschen breit Kraus rechts an den Rändern.